Orgel

Die historische Orgel in der Ev.-Luth. Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Aufkirchen
Hendrik Ahrend, Christoph Reinhold Morath, Egert Pöhlmann

Die Pfarrkirche in Aufkirchen (Gemeinde Gerolfingen/Mittelfranken) birgt ein historisches und musika­lisches Kleinod, das sich in den letzten Jahrzehnten zwangsweise in einer Art Dornröschenschlaf befand: Eine hi­storische Orgel aus dem Jahre 1663 aus der Dominikanerkirche in Eichstätt, in der sich noch Teile einer Renaissance-Orgel von 1597 des Nürnberger Stadtorgelbaumeisters Peter Grünewald befanden.[1]Damit gehört dieses Instrument zu den wenigen erhaltenen Orgeln dieser Epoche in Europa. Daher besteht ein elementares öffentliches Interesse daran, diese verlorene Klangwelt wieder lebendig zu machen.

Viele wenig sensible Eingriffe haben den Klang des Instruments verändert, vor allem der zuletzt 1967/8 unter Leitung von Johannes G. Mehl durchgeführte Umbau mit dem Ergebnis des derzeit katastrophalen technischen und klanglichen Zustands. Trotzdem verfügt das Instrument auch heute noch über derart viel originale Substanz, dass eine Restaurierung und Rückführung auf den Urzustand angezeigt ist und überaus lohnend erscheint. Dieses Instrument ist auch in ihren für eine süddeutsche Frühbarockorgel vergleichsweise monumentalen Ausmaßen (H x B ca. 8 x 8 m; zwei Manuale und selbständiges Pedal) eine Seltenheit und zählt zu den wertvollsten Kunstschätzen in der süddeutschen Orgellandschaft. Sie würde nach einer sachgerechten Restaurierung Orgelinteressierten aus aller Welt eine verlorene Klangwelt erschließen und für die Region eine kulturelle Attraktion darstellen.

Seit mehreren Jahren wird die Geschichte des Instruments durch berufene Fachleute erforscht, so daß wertvolle Forschungsarbeiten zur Orgel vorliegen: Dr. Otmar Heinz zur Orgelgeschichte,[2] und Orgelbaumeister Alois Linder zum historischen Bestand.[3]. Im Rahmen eines Symposions im April 2016, an dem u. a. drei Sachverständige, ein Vertreter der Denkmalpflege und vier renommierte Orgelbaufirmen teilnahmen, wurden wichtige Fragen erörtert und in einem aufwendigen Ausschreibungsverfahren weiter entwickelt. Die derzeit be­gleitenden Sachverständigen sind Christoph Reinhold Morath[4] und Egert Pöhlmann,[5] die beide die Rekonstruk­tion der Wiegleb-Orgel in Ansbach durch OB Reil (Heerde) zu einem weit beachteten Erfolg geführt haben.

Mit Beschluß des Kirchenvorstands vom 13.Dezember 2016 soll die Orgel in der Johanniskirche Auf­kirchen zurückgeführt werden auf einen belegbaren Zustand, wie er sich aus der Errichtung für die Domini­kanerkirche Eichstätt 1663 und einer belegten Erweiterung 1832 ergibt. Den Auftrag hierfür erteilte der Kirchen­vorstand mit Beschluß vom 6.April der Firma Ahrend Orgelbau (Leer). Grundlage für eine solche Restaurierung sind die archivalischen Quellen und das zu etwa zwei Dritteln erhaltene historische Pfeifenwerk. Besonders er­wähnenswert ist dabei der vor allem in Mittelfranken seltene Fall fast vollständig erhaltener Prospektpfeifen aus Zinn. Weitere Belege sind die erhaltene Oberwerkswindlade und die wunderschön gearbeitete und verzierte Front als wesentlicher richtungsweisender Bestandteil des Gehäuses (siehe Abb.1).

Grundzüge der Restaurierung.

 1597 erhielt die Eichstätter Dominikanerkirche eine Orgel von Peter Grünewald (1540­-1609), der seit 1579 Stadtorgelmacher in Nürnberg war. Diese stand auf dem Lettner, der 1660 abgetragen und durch eine West­empore ersetzt wurde. 1663 erbaute auf dieser ein unbekannter Orgelbauer eine neue Orgel unter Verwendung von Teilen der Grünewald-Orgel. In der Gurtgesimszone des prächtigen Prospekts (siehe Abb. 1) findet sich die Jahreszahl 1663, oben am Mittelturm das Wappen des Stifters, Fürstbischof Marquard II. Schenk von Castell zu Eichstätt. Nach der Säkularisierung des Eichstätter Klosters 1806 wurde die Orgel 1816 nach Aufkirchen verkauft. Bei der Aufstellung der Orgel in der Kirche St. Johannes der Täufer Aufkirchen wurde das Gehäuse im Mittelturm aufgrund geringer Deckenhöhe um 75 cm eingekürzt (siehe Abb.2). Durch weitere Eingriffe hat die Orgel historische Substanz verloren, am meisten durch die orgelbewegte Modernisierung von 1967. Ziel der Re­staurierung ist es, diesen Prozeß umzukehren und die Orgel von Aufkirchen zurückzuführen auf den für Eichstätt 1663 belegbaren Zustand:

Disposition
Die Disposition wurde seit 1861 mehrfach beschrieben und bestand 1663 höchst wahr­scheinlich aus folgenden 16 Registern:

Hauptwerk (I. Manual), C–c3 (kurze Oktav)

  1. Principal 8’
  2. Gedackt 8‘
  3. Viola da Gamba 8’
  4. Oktav 4‘
  5. Flöt 4‘
  6. Quint 3‘
  7. Oktav 2‘
  8. Mixtur III

Positiv (II. Manual), C-c3 (kurze Oktav):


  1. Coppel 8‘
  2. Flöt 4‘
  3. Waldflöt 4’
  4. Octav 2′
  5. Mixtur III

Pedalwerk, C-c1 (kurze Oktav):

  1. Prinzipal Bass 16‘
  2. 15. Portun Bass 16’
  3. Principal Bass 8‘.

 

Mit Blick auf den heutigen Gebrauch des Instruments und in Würdigung der zu Beginn des 19. Jahr­hunderts erfolgten Erweiterung der Disposition sollen für die Restaurierung zusätzlich ein Register Sesquialtera („Hörnlein II“) im ersten Manual, sowie die Register Octav Bass 4’ und Posaun 8’ im Pedal disponiert

[1]     Hermann Fischer -Theodor Wohnhaas, Der Nürnberger Orgelbauer Grünewald, MVGN 76, 1989, 299-310.

[2]     Heinz, Otmar, Geschichte und Voruntersuchung der Historischen Orgel zu Aufkirchen – St. Johannis der Täu­fer, Manuskript (2.2.2011).

[3]     Alois Linder, Bestandsuntersuchung der Historischen Orgel zu St. Johannes d. T. in Aufkirchen (Gerolfin­gen), Manuskript (29.10.2014).

[4]     Christoph Reinhold Morath, Foto-Dokumentation 2017 Abb. 1-7.

[5]     Egert Pöhlmann, Maße Eichstätt Dominikanerkirche und Aufkirchen, St. Johannis, Manuskript (24.11.2016).